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Arbeiten von unterwegs

Benjamin über den Non-Dom-Status auf Zypern

Inhaltsverzeichnis

Benjamin, du lebst auf Zypern. Wann hast du beschlossen auszuwandern und warum?

Dass ich in Deutschland nicht alt werde, wusste ich schon relativ früh. Bereits nach dem Abitur bin ich für 2 Jahre nach Australien gereist und wäre sogar fast dort geblieben. Allerdings habe ich mich dann doch für ein Studium mit mehreren Auslandsaufenthalten in Deutschland entschieden. Durch die vielen Stationen im Ausland konnte ich bereits eine „gedankliche Liste“ von Orten erstellen, an denen ich mich wohlfühle.

Die Entscheidung fürs Auswandern fiel dann 2019. Eigentlich sollte es nach Singapur gehen, was jedoch aufgrund der Pandemie eine Woche vor Abreise ins Wasser gefallen ist. Allerdings hatte ich mich im Vorfeld auch mit anderen möglichen Wohnsitzen beschäftigt und bin auf Zypern ausgewichen. Innerhalb der EU auszuwandern und eine Firma gründen, war zu dem Zeitpunkt die einzige Möglichkeit für mich. Es war nahezu unmöglich zu diesem Zeitpunkt, nach Asien auszuwandern.

Meine Gründe für die Auswanderung waren vor allem finanzieller und geographischer Natur. Ich fühle mich in warmen Ländern sehr wohl. Da es in Deutschland in 9 von 12 Monaten eher „bescheidenes“ Wetter gibt, wollte ich auf jeden Fall an einen wärmeren Ort ziehen.

Die Steuerlast in Deutschland – und daraus mache ich auch kein Geheimnis – war ein sehr treibender Faktor. Ich habe nie verstanden, wieso ich jeden Monat 50 % meines (damaligen) Gehalts abgeben soll. Zeitgleich mit der Auswanderung bin ich auch den Schritt in die Selbstständigkeit gegangen.

In unserer Gruppe für digitale Nomaden auf LinkedIn hast du oft über den Non-Dom-Status gesprochen. Worum geht es hierbei genau?

Den Non-Dom-Status gibt es bereits seit 1799. Initial wurde er in England eingeführt, um Investitionen in Kolonien zu fördern. Er sollte Investoren ermöglichen, Einkünfte aus den Kolonien nicht im Heimatland versteuern zu müssen.

Heute ist der Non-Dom Status eine tolle Möglichkeit, die Vorteile eines unternehmerfreundlichen Umfeldes mit maximaler Flexibilität zu genießen. Im Rahmen des Non-Dom Programms wird man auf Zypern nicht eingebürgert, sondern hat lediglich eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung, die an zahlreiche Vorteile geknüpft ist.

Um den Status zu erlangen, muss entweder eine Firma auf Zypern gegründet oder ein Angestelltenverhältnis mit einem zypriotischen Arbeitgeber eingegangen werden. Nach einigen Schritten (wie der Unterzeichnung eines Mietvertrags und anderen Dokumenten sowie der Eröffnung eines Bankkontos für die eigene Firma) gibt es dann noch im ersten Jahr das begehrte Non-Dom-Zertifikat.

Welche Vorteile bietet Zypern digitalen Nomaden wie dir?

Die Vorteile des Non-Dom-Status sind zahlreich. Einerseits besteht lediglich eine 60-tägige Aufenthaltspflicht, um den steuerlichen Wohnsitz auf Zypern zu begründen. Das heißt, die restlichen 300 Tage im Jahr kann ein sog. Zypern-Non-Dom (so darf man sich dann nennen) überall auf der Welt unterwegs sein, ohne seinen Status zu gefährden.

Auch steuerlich ist Zypern für digitale Nomaden attraktiv. Es wird keine Gewerbesteuer erhoben und es gibt auch kein Außensteuergesetz. Es lassen sich also beispielsweise beliebig viele Firmen im Ausland gründen, ohne dass die Einkünfte aus diesen Firmen in Zypern zu versteuern sind. Die Körperschaftssteuer beträgt lediglich 12,5 %, wobei man sich selbst jährlich bis zu 19.500 € steuerfreies Gehalt auszahlen kann. Überschüssige Gewinne lassen sich dann auch noch steuerfrei als Dividende auszahlen. Insgesamt lohnt sich das Setup daher bereits ab einem relativen geringen Umsatz pro Jahr gegenüber Deutschland.

Ein zusätzlicher Vorteil, insbesondere für Trader wie mich oder auch Personen mit Sachwerten (wie Aktien): Es gibt es zusätzlich keine Kapitalertragssteuer. Der Wegfall der Kapitalertragssteuer gilt für Privatpersonen in einigen (nicht allen) Anlageklassen und kann wunderbar als Hebel für den Vermögensaufbau genutzt werden.

Abgesehen von den steuerlichen Vorteilen ist Zypern geographisch gut gelegen. Ein Direktflug nach Deutschland dauert ca. 4 Stunden. In die Vereinigten Arabischen Emirate kommt man ebenfalls in ca. 4 Stunden. Wettertechnisch ist es ein Traum, da es hier selbst im Winter noch um die 20 Grad warm ist. Jetzt sind es zum Beispiel tagsüber um die 26 Grad (Stand: November 2021).

Was unterscheidet das Leben auf Zypern von dem Leben, welches wir in Deutschland gewohnt sind? Gibt es auch Situationen, in denen du Deutschland vermisst?

Es gibt immer Dinge, die besser sein könnten. Hinsichtlich Absprachen und Verabredungen sollte man auf Zypern ein wenig Geduld mitbringen. Es ist gut möglich, dass ein Termin kurzfristig abgesagt wird oder ein Handwerker auch gar nicht auftaucht. Bürokratie bin ich aus Deutschland gewohnt. In Zypern hat sich dieses deutsche „Training“ bezahlt gemacht: die Zyprioten sind immer wieder begeistert, wie gut sich die Deutschen auf Anträge jeglicher Art vorbereiten. Kulinarisch vermisse ich hier nichts. Die mediterrane Küche gibt einiges her.

Wie sieht ein normaler Arbeitstag auf Zypern für dich aus?

Seit der Pandemie findet die Arbeit für mich zu 100 % am Laptop statt. Daher unterscheidet sich der Arbeitstag hier eher wenig von dem eines Homeoffice-Tags in Deutschland.

Der Tag beginnt meist für mich mit einer Schwimm- oder Laufeinheit am Strand, gefolgt von einer Dusche und dem morgendlichen Kaffee. Dann geht es direkt an die Arbeit. Ich arbeite aus meiner Wohnung in Larnaka, die auch gleichzeitig mein Office ist.

Morgens ist meist meine „Kreativitätsphase“: hier versuche ich so wenig Meetings wie möglich zu vereinbaren und konzentriere mich darauf, an unserem Produkt zu arbeiten oder pfiffige LinkedIn-Beiträge zu verfassen. Auch lege ich gerne Gespräche mit potenziellen Kunden auf den Vormittag, da hier der Kopf noch „frisch“ ist.

Je nach Workload kann der Arbeitstag bereits um 17 Uhr enden, manchmal endet er aber auch um 2 Uhr nachts – was mich nicht stört, da der überwiegende Teil meiner Arbeit mir Spaß macht. Wenn ich merke, dass mein Energielevel niedrig ist, lege ich auch mal einen halben Tag Pause ein. Auch 10 Minuten auf dem Balkon in der Sonne schaden nicht!

Du arbeitest 100 % remote und für Unternehmen aus verschiedenen Ländern. Wie handhabt ihr die Kommunikation im Team? Welche Tipps kannst du anderen mitgeben, die ihren Mitarbeitenden Remote Work ermöglichen wollen?

Offene Kommunikation und Vertrauen sind sicher die zwei Punkte, die am wichtigsten sind. Da man sich nicht sieht, muss man darauf vertrauen, dass jeder seine Arbeit erledigt. Das ist bei uns allerdings kein Problem.

Wir haben zwei Termine pro Woche, bei denen wir alle anwesend sind und aktuelle und aufkommende Themen besprechen. Auch geben wir uns gegenseitig Tipps, wie mit gewissen Situationen (sei es operativ oder marketingtechnisch) umgegangen werden soll.

Es klingt abgegriffen, aber es sollte sehr auf intrinsische Motivation geachtet werden. Jemand, der lediglich von der Möglichkeit begeistert ist, remote zu arbeiten, unabhängig davon, um welches Produkt es sich handelt, würde ich nicht einstellen.

Abgesehen davon sollte immer klar kommuniziert werden, was die Erwartungen an die Arbeitsergebnisse sind. Wenn das Zielbild klar ist, wird ein smarter Mitarbeiter immer einen Weg finden, das Ergebnis auch zu erreichen. Unklare Vorgaben bringen meist Frust auf beiden Seiten.

Zudem würde ich die Zusammenarbeit auf wenige Tools beschränken. Es wird immer wieder unterschätzt, welchen Wert fokussiertes Arbeiten hat. Selbst das beste Tool nimmt einem diese Arbeit nicht ab. Weniger ist bei uns deshalb mehr.

Bitte lüfte deine exklusiven Geheimtipps rund um Freizeitaktivitäten auf Zypern!

Ich würde mit Larnaka beginnen (dort wird auch aller Voraussicht auch der Flieger landen) und dort „Nicks Coffee Bike“ besuchen. Nick ist ein super entspannter Typ, der großartigen Kaffee zaubert. Das Café befindet sich auch unweit vom Strand und der City. Unterkunft würde ich über Airbnb buchen und darauf achten, dass der Vermieter einen Screenshot der Internetgeschwindigkeit mitschickt (manche Unterkünfte haben kein schnelles Internet, was supernervig sein kann).

Mein Lieblingsitaliener „Pizza 485“ befindet sich ebenfalls in der City. Die Pizza schmeckt besser als jede Pizza, die ich bisher in Deutschland gegessen habe. Ansonsten kann man kulinarisch auf Zypern wenig falsch machen. An jeder Ecke gibt es leckere Tavernen, Burger-Läden, Italiener, Griechen und mehr.

Da es bis in den Winter warm ist, lädt das Meer das ganze Jahr zum Baden ein. Hier kann ich in Larnaka vor allem „Finikoudes“ empfehlen. Aber auch „McKenzie“ ist eine super Adresse.

Ansonsten macht es sich bezahlt, die Hauptstadt „Nikosia“ zu besuchen und hier über die Grenze den De-Facto-Staat „Nordzypern“ zu besuchen. Nikosia ist die letzte geteilte Hauptstadt der Welt und daher absolut sehenswert. Nur auf Fotos in Grenznähe sollte verzichtet werden, das haben die Soldaten dort nicht gerne.

Wenn du nicht nach Zypern ausgewandert wärst – in welchem Land würdest du jetzt leben? Warum?

Langfristig zieht es mich nach Asien. Singapur ist mein absolutes Lieblingsland, dort werde ich auch früher oder später ansässig werden. Es ist für mich das „perfekte“ Land, denn geographisch, kulturell und steuerlich ist es ein Traum! Auf dem Weg dorthin werde ich aber vorrausichtlich ein paar Jahre in den Emiraten leben.

Auf Zypern wird sowohl Griechisch als auch Türkisch gesprochen. Wie einfach ist es für dich, dich im Alltag mit anderen zu verständigen?

In Zypern sprechen die meisten Menschen gutes Englisch. Und wie es oft so ist, lässt sich im Zweifelsfall mit Händen und Füßen kommunizieren. Allerdings ist Zypern gerade aus Tourismus-Hochburg gewohnt, dass Englisch gesprochen wird. Ein paar Fetzen Griechisch werden allerdings von den Zyprioten sehr wertgeschätzt!

Was sind deine Pläne für das nächste Jahr?

Kommendes Jahr werde ich mein Zypern-Setup um eine Firma in Dubai erweitern und auch ein paar Monate in den UAE verbringen. Weiterhin wollen wir unser AIKONA-Produkt ebenfalls auf Englisch anbieten, da wir vermehrt Anfragen auch nicht-deutschsprachigen Ländern bekommen. Hier werden wir daher auch einige Menschen am Finanzmarkt ausbilden, was uns besonders viel Freude bereitet.

Ansonsten plane ich ein paar Monate Aufenthalt in Asien sowie einen Aufenthalt in Deutschland im Sommer. Auch wenn ich ein Sonnenanbeter bin, ist der Juli und August in Zypern / Dubai doch sehr sportlich!

Vielen Dank für das Interview, Benjamin!

Benjamin Hies

ist Founder, Trader, Berater und leidenschaftlicher Triathlet. Er ist Ende 2020 nach Zypern ausgewandert und profitiert seither vom Non-Dom-Status.

Su Reiter

arbeitet ortsunabhängig als Marketing Director in einer Online Rechtsberatung und führt auf diesem Blog die Interviews mit digitalen Nomaden. Sie hat die erste Austauschgruppe für digitale Nomaden im deutschsprachigen Raum auf LinkedIn ins Leben gerufen.

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